Von Hagen Ernst, stellvertretender Leiter Research & Portfoliomanagement bei der DJE Kapital AG

Traue niemandem – und andere Software-Erfolgsmodelle

Zwar stehen Technologiewerte zurzeit nicht so im Fokus wie 2020, doch die digitale Transformation hält an und damit auch Nachfrage nach Software-Lösungen. Der Ruf nach Sicherheit ist besonders groß, denn die Verlagerung sensibler Daten in die Cloud weckt, ebenso wie allgegenwärtige Sammlung von Kundendaten, auch unbefugte Begehrlichkeiten. Ein Anlagethema für den DJE – Alpha Global.

Technologiewerte haben ein überwältigendes 2020 erlebt. Doch angesichts gestiegener Zinsen und der Aussicht auf eine konjunkturelle Erholung sind sie etwas aus dem Fokus geraten. Der Markt ist breiter geworden. Vor allem Softwarewerte stagnieren bereits seit sechs Monaten. Innerhalb des Technologiesektors sind, wenn überhaupt, dann zyklische Halbleiteraktien gefragt oder jüngst klassische Aktien, die von Lockerungen und – bei fortschreitenden Impfungen – von einer Rückkehr zu einem normaleren Leben profitieren. Dazu gehören etwa Mobilitätsplattformen wie Uber und Lyft oder Online Reiseagenturen wie Booking und Expedia.

„Zero Trust“ – das Erfolgsmodell

Der Software-Sektor ist jedoch keineswegs out: Auch hier dürften sich auch wieder Gelegenheiten bieten, zunächst selektiv, denn um die Digitalisierung voranzutreiben, werden Unternehmen über Jahre hinweg weiter viel investieren müssen. Im Fokus stehen der Aufbau von E-Commerce-Präsenzen, der Einsatz intelligenter Software im Marketing und im Kundenbeziehungsmanagement (CRM), aber auch Sicherheit und demnächst wieder mehr Backoffice-Software wie Unternehmensplanungssoftware (ERP).

Der Sicherheitsaspekt hat besonderes Wachstumspotenzial, denn die Bedrohung durch Cyber-attacken wird immer gefährlicher und kostspieliger. Dementsprechend haben Investitionen in Verbesserung der Sicherheit oberste Priorität. Laut Untersuchungen des US-amerikanischen IT-Marktforschers Gartner wuchs das Segment Sicherheitssoftware um gut 10% und soll auch zukünftig in dieser Größenordnung wachsen. Hier gibt es eine Vielzahl von kleineren und größeren Softwareanbietern. Am schnellsten wachsen aktuell Sicherheitslösungen rund um die Cloud (gemietete Software auf fremden Rechenzentren, sicherer Datenzugriff muss hier sichergestellt sein) und das „Zero Trust“-Modell.

Dieses Modell zielt darauf ab, das Risiko für Firmennetze und -anwendungen zu minimieren und nebst externen Bedrohungen auch interne Gefahrenpotenziale auszuschließen. Bei Zero Trust wird keinem Akteur, der Zugang zu Ressourcen oder Diensten im Netzwerk will, von vornherein vertraut. Jeder Zugriff wird individuell authentifiziert und der Datenverkehr grundsätzlich verschlüsselt. Führende Anbieter von „Zero Trust“-Sicherheitsarchitektur für Cloudanwendungen sind Cloudflare und Palo Alto. Cloudflare ist zwischen 2016 bis 2020 im Schnitt um 50% p.a. gewachsen. Allerdings sollte angesichts des hohen Umsatzmultiples auch bereits ein Großteil des Potenzials eingepreist sein. Palo Alto dagegen erwirtschaftet noch einen Großteil seines Umsatzes im „klassischen“ Firewall-Geschäft, das nicht mehr so stark wächst. Der Anteil an Sicherheitssoftware für das Cloud-Computing soll sich zwar laut Unternehmensprognose in diesem Jahr verdoppeln, macht dann auch erst 15% vom Umsatz aus.

Auch klassische Netzwerkausrüster wie Cisco drängen u.a. dank zahlreicher Zukäufe stärker in das lukrative Geschäft rund um Sicherheitssoftware. Der Security Bereich macht jedoch weniger als 10% des Umsatzes aus und wächst zudem nur leicht unterproportional zum Markt. Eine möglicherweise wieder etwas bessere Kursentwicklung dürfte primär davon abhängen, ob sich der Unternehmenskundenbereich erholt, sollten Arbeitnehmer nach Corona wieder vermehrt in Büros arbeiten.

Daten- und CRM-Softwarelösungen sind gefragt

Ganz oben auf der Agenda sind Softwarelösungen rund um Big Data und künstliche Intelligenz. Dank Internet der Dinge (IOT) werden Datenerhebungen immer umfangreich und können durch künstliche Intelligenz und neuen Methoden und stärkeren Rechnerleistungen auf dem Gebiet des maschinellen Lernens (Machine Learning) immer besser verarbeitet werden. Hier zu nennen sind klassische Unternehmens-Softwareanbieter wie SAP oder Oracle. Zu nennen wären auch Twilio als Anbieter einer Cloud-Kommunikationsplattform für so gut wie alle Nachrichtenkanäle (WhatsApp, E-Mail, Chat, FB, Instagram etc.) und auch zunehmend Cloudanbieter wie Microsoft Azure, Amazon AWS oder Google GCP.

Neben Daten sind Kundenbeziehungen ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Daher ist auch das Wachstum bei Softwarelösungen rund um Kundenbeziehungen (CRM) weiter hoch. Der Markt ist sehr fragmentiert, jedoch konnte Salesforce seine Marktanteile in den letzten Jahren kontinuierlich auf mittlerweile 18% steigern, gefolgt von SAP und Oracle mit je 5% Marktanteil (Tendenz jedoch eher fallend). Salesforce ist jedoch nach der jüngsten, recht teuren Übernahme von Slack sowie einer etwas nachlassenden Wachstumsdynamik bei Investoren in Ungnade gefallen. Gut entwickelt sich die CRM-Softwarelösung Microsoft Dynamics (Marktanteil aktuell bei 4%), die v.a. bei kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) stark nachgefragt wird. Dynamics hat jedoch innerhalb des Microsoft-Konzerns nur eine geringe Bedeutung, ist aber gut positioniert. Das gilt auch für Hubspot, einen Anbieter für CRM-Lösungen für KMUs. Margen und Umsatz sind hier aber noch ausbaufähig.

Hohes Wachstumspotenzial bei computergestützter Kundenkommunikation

Neben den großen Themen wie IT-Sicherheit, CRM oder ERP gibt es eine Reihe von aussichtsreichen Nischen. Dank immer höherer Rechnerleistungen kam es auf dem Gebiet der „Conversational AI“ zum Durchbruch. Damit übernehmen heute immer mehr computergestützte Programme die Kommunikation mit Kunden. Menschen in Call Centern dürften schon bald der Vergangenheit angehören. Conversational AI ist aktuell eines der vielversprechendsten und am schnellsten wachsenden Segmente innerhalb des Softwaresektors. Marktforschungsinstitute schätzen das Marktpotenzial auf mindestens 60 Mrd. USD. Gut positioniert ist hier Twilio.

Auf dem Vormarsch sind auch sogenannte „ChatBots“, die mittels künstlicher Intelligenz einen Großteil der Kundenkommunikation übernehmen können. Hier gibt es Nischenplayer wie Five oder Liveperson. Projekte dieser Anbieter zeigen im Schnitt eine um 20% bessere Kundenzufriedenheit und sparen ein Viertel der Kosten ein. Anwendung finden ChatBots vermehrt bei Fluggesellschaften, Hotels oder Telekomanbietern. Jedoch finden sie auch Einzug im Gesundheitswesen und in der öffentlichen Verwaltung. Aktuell ist noch viel „manuelles Training“ erforderlich, oft zwischen zwei und drei Jahren, bevor sie eingesetzt werden können. Die Algorithmen werden jedoch immer besser. Laut Liveperson sind bereits 50% der ChatBots autonom, können sich also ohne manuelles Training in Sachverhalte einarbeiten. Angesichts des enormen Wachstumspotenzials sind die Umsätze für Conversational AI besonders hoch. Dementsprechend stark war die Kurskorrektur im jüngsten Ausverkauf von Technologiewerten.

Coronakrise: Remote-Control-Lösungen gefragt

Eine starke Corona-getriebene Nachfrage erlebte auch Software für Fernsteuerung und -Wartung (Remote control). Die Reiserestriktionen im Lockdown beschleunigten die Entwicklung von Software-Lösungen, mit deren Hilfe sich Techniker auf Maschinen aufschalten und aus der Ferne warten können. Starre Wartungsintervalle, wie sie heute noch bei Autos üblich sind, gehören auf einigen Gebieten schon längst der Vergangenheit an. Dank immer mehr Sensoren im Zuge des Einzugs von Internet der Dinge (IoT) wird größtenteils bedarfsgerecht und vorausschauend gewartet (Predictive Maintenance). Bei komplexeren Maschinen wie etwa Anlagen zur Halbleiterfertigung kann zudem Virtual Reality unterstützend eingesetzt werden. Ein Nischenanbieter für Remote-Control-Lösungen ist u.a. Teamviewer. Deren Kunden sind zwar immer noch vor allem private Anwender, jedoch spricht die Firma immer stärker Unternehmenskunden an, was lukrativere Margen verspricht. Die Aktie ist jedoch nach Bekanntgabe teurer Werbeverträge mit Manchester United und Mercedes aus der Formel 1 stärker unter Druck geraten. Ein führender Anbieter für IT Remote Control ist ServiceNow. Das Unternehmen ist einer der wachstumsstärksten, größeren Softwarehersteller, allerdings ist das Umsatzmultiple trotz der jüngsten Korrektur noch recht hoch.

Ein hohes Marktpotenzial haben auch Softwarelösungen rund um das Thema Gesundheit. Dank Sensoren, IoT und künstlicher Intelligenz ist mittlerweile ein Monitoring der wichtigsten Vitalfunktionen möglich. Teilgebiete wie Medizininformatik (Health Informatics) oder Fernheilkunde (Remote Healthcare) entwickeln sich rasant. Vor allem Apple mit dem IOS Betriebssystem und Tracking, also der Nachverfolgung medizinischer Daten über das Smartphone oder die smarte Uhr ist hier führend.

Software dringt auch immer stärker in andere Sektoren ein, zum Beispiel in das Bauwesen. Vor allem Großprojekte werden immer komplexer - der um Jahre verzögerte Betriebsbeginn des Berliner Flughafens hat gezeigt, was alles schieflaufen kann. Um derartige Risiken zu minimieren, ist „Building Information Modelling“ – die Gebäudedaten-Modellierung – heute nicht mehr wegzudenken. Solch eine vernetzte Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden und anderen Bauwerken mithilfe von Software kann helfen, Planungsfehler frühzeitig zu erkennen. Gut positioniert sind hier Autodesk oder die deutsche Nemetschek.

Klassische Softwareunternehmen bleiben lukratives Investment

Die Kennzahlen bzw. Umsatzmultiples der stark wachsenden Softwareunternehmen sind sehr hoch. Daher ist es eine Überlegung wert, ob es vielleicht Sinn ergibt, in etablierte, aber eher wachstumsschwächere Softwareunternehmen zu investieren. Im Gegensatz zu US-Softwareanbietern sind ihre europäischen Pendants deutlich weniger gestiegen. Unternehmen wie SAP wachsen zwar nur hoch einstellig, eine gut funktionierende Unternehmenssoftware von SAP oder auch Oracle ist jedoch die Basis der digitalen Transformation. Der neue CEO Klein will die Migration in die Cloud noch stärker vorantreiben. Dies führt kurzfristig zwar annähernd zu Nullwachstum in den nächsten zwei Jahren, sollte sich jedoch langfristig auszahlen.

Zum Fondsprofil DJE – Alpha Global

 

 

 

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